Ich folgte dem Ruhrtal, so gut es ging. Hinter Olsberg reihte sich Stadt an Stadt, und im Geheimen war die Gegend so etwas wie die ländliche Version des Ruhrgebiets. Eine Mega-Gemeinde, in der sich Ortsgrenzen abwechselten und der Fluss, dem alles folgte, in einer Rahmenhandlung aus Beton versank. Es war nicht so, dass hier das Wasser trüber oder die Luft dicker als anderswo auf dem Land gewesen wäre. Aber die Landschaft wurde geschäftiger. Zuerst verschwanden die Gast- und Ferienhäuser, dann kamen die Holzschneidewerke, und vor Arnsberg ragten schließlich die ersten Schlote zwischen den Bergen hervor. Es nieselte. Die gelb erleuchteten Fabrikfenster glühten im Perlregen wie Feuer.
In Arnsberg wollte ich übernachten, aber im ersten Hotel war kein Bett mehr frei. Die junge Frau an der Rezeption rief für mich bei einem benachbarten Hotel an und führte mich – trotz Eiseskälte und Fieselwetter – die 300 Meter durch die wahnsinnig schöne Altstadt bis zu den Kollegen. Ich war ein wenig gerührt, nach all den Kilometern an diesem Tag, weil sich offenbar jemand für mich verantwortlich fühlte.
Sie fragte mich, was ich bei diesem Wetter draußen machte. Wandern etwa?
Ich sagte, dass ich seit Slubice zu Fuß unterwegs sei. Nur noch eine Woche bis Venlo.
Sie sagte: „Das ist nicht Ihr Ernst, oder?“
Ich sagte: „Doch. Aber manchmal wünschte ich, in Berlin zu sitzen und einfach nur einen heißen Tee zu trinken.“
Sie sagte: „Berlin ist eine schöne Stadt. Und wandern würde ich auch gern mal. Den Jakobsweg. Leider bekommt man immer so schlecht Urlaub.“
Ich sagte: „Ach, gerade das letzte Stück durch Spanien, das hat man doch in zwei Wochen durch.“
Sie sagte: „Wenn, dann würde ich es gerne richtig machen. Fünf Wochen, oder so. Sonst macht es keinen Spaß.“
Wahrscheinlich ist es völlig richtig, in Arnsberg Träume zu haben.